Sonntag, 15. Oktober 2017

Mantel oder nicht Mantel, das ist hier die Frage

Und jedes Jahr findet man überall wieder die gleiche Diskussion:

Warum muss man Tieren einen Mantel anziehen? Muss denn das sein? Das Tier hat doch Fell..
Meine Antwort darauf: Das kommt darauf an!


Ganz oft werde ich beim Gassi gehen mit meinem Hund drauf angesprochen, ob das denn wirklich nötig ist, der Hund hat doch Fell. Ja, hat er. Und man sieht ihm auch auf den ersten Blick nicht an, warum er den Mantel braucht. Er ist ein schwer kranker Hund, dessen Körper gegen Krebs kämpfen muss. Mein Edi braucht seine Energie für diesen Kampf. Sein Immunsystem ist geschwächt, da seine Darmflora zerstört ist. Er hat einfach nicht genug Abwehrkräfte, um ungeschützt durch Nässe und Kälte zu gehen. Da reicht einfach sein Fell nicht aus.

Wenn ich das den Menschen, die mich ansprechen, erkläre, verstehen es die meisten auch und finden es dann auch sinnvoll. Klar, manchmal gerät man dann in andere Dislussionen wie z.B. die, ob man das Tier nicht erlösen sollte, wo man doch bei Tieren diese Möglichkeit hat. Aber das ist ein anderes Thema. Die meisten Menschen sehen ein, dass ein Mantel bei einem Tier durchaus Sinn machen kann.

Ich finde, man muss auch unterscheiden, ob man dem Tier einen Mantel zum Schutz anzieht, oder ob man das Tier einfach süss verkleiden will.

Davon, ein Tier zu verkleiden, ihm also z.B. ein Dirndl oder Lederhosen anzuziehen, damit es dem Style von Herrchen oder Frauchen entspricht, halte ich überhaupt nichts. Ein Tier ist ein Tier und man muss es nicht in irgendwelche pseudostylischen Klamotten stecken, nur damit es vermeintlich süss aussieht.

Ein junger, gesunder, aktiver Hund mit ausreichend Unterfell muss meiner Meinung nach auch nicht unbedingt einen Mantel an haben.

Es gibt aber auch andere Tiere.

Es gibt Tiere, die z.B. rassebedingt kein ausreichendes Unterfell haben. Es gibt sehr kleine Rassen, die bereits auf Grund ihres mangelndes Körpergewichts und mangelnder ausreichender Fettschicht schnell frieren. Es gibt alte Hunde, die einfach auf Grund ihres Alters mit Arthrose oder ähnlichen Krankheiten geplagt sind. Es gibt kranke Tiere, die einfach durch ihre Krankheit geschwächt sind. Auch Welpen haben oft noch nicht genügend Fell und Körpermasse, um Nässe und Kälte unbeschadet auszuhalten. Frisch geschorene Tiere, die zwar normalerweise genügend Unterwolle hätten, unterkühlen nach der Schur leicht. Und nicht zuvergessen die Handicapchen, die im Rolli unterwegs sind.

Bei all diesen Tieren halte ich in der nassen und kalten Jahreszeit einen Mantel nicht nur für hilfreich, sondern auch für notwendig.

All diese Tiere benötigen in der nassen und kalten Jahreszeit andernfalls viel zuviel Energie dafür, ihre Körpertemperatur aufrecht zu erhalten.

Sie ziehen sich leichter Erkältungen, Blasenentzündungen etc. zu als Hunde mit ausreichender Unterwolle.

Die Muskeln der Tiere verspannen sich durch die feuchte Kälte.

Tiere mit Arthrose haben meist in der kalten Jahreszeit ohnehin schon mehr Probleme mit ihrer Krankheit als in der warmen Jahreszeit. Das kennen die meisten aus dem Humanbereich. Auch der Mensch mit Arthrose klagt in der kalten Jahreszeit verstärkt über Schmerzen. Kommt dann noch dazu, dass sie Nässe und Kälte ungeschützt ausgesetzt sind, werden sich ihre Schmerzen noch erheblich verschlimmern.

Kranke Tiere benötigen ihre Energie für den Genesungsprozess, oder vielleicht sogar für den Kampf gegen schwere Krankheiten wie Krebs. Es bleibt ihnen keine oder nur wenig Energie dafür übrig, ihre Körpertemperatur aufrecht zu erhalten. Sie werden sich meist auf Grund eines schwachen Immunsystems schneller als ein gesundes Tier weitere Krankheiten zuziehen und unterkühlen.

Auch Tiere, die im Rolli unterwegs sind, sind stärker gefährdet als andere Tiere. Große Teile ihres Körpers können nicht durch Bewegung erwärmt werden, so dass schnell die Gefahr einer Unterkühlung besteht. Abhilfe schaffen können da maßgefertigte Fusssäcke, die die gelähmten Gliedmaßen vor Unterkühlung und schlimmstenfalls Erfrierungen schützen.

Alles, was ich hier aufgezählt habe, gilt nicht nur für Hunde. Katzen sind von alledem genauso betroffen, wenn sie Freigänger sind.

Ich habe hier z.B. einen alten Kater mit einer chronischen Darmentzündung und chronischem Schnupfen. Sein Immunsystem, von dem ja große Teile im Darm angesiedelt sind, ist stark reduziert. Er ist auf Grund seiner Erkrankung sehr dünn und friert schnell. Und so bekommt auch er ein Mäntelchen an, wenn er in der kalten Jahreszeit nach draußen auf die Terasse möchte.

Natürlich muss jeder selbst entcheiden, ob er seinem Tier einen Mantel anziehen will, und ob das eigene Tier einen Mantel braucht.

Ich möchte hier lediglich zum Nachdenken anregen, dass die pauschale Behuptung, ein Tier hat Fell und braucht deshalb keinen Mantel, nicht immer stimmt.

Und jetzt wünsche ich Euch noch einen schönen Sonntag!
Angelika

Freitag, 6. Oktober 2017

Ein Tierleben im Rolli - Tierquälerei oder Lebensqualität?

Heute möchte ich über eine Frage berichten, das meinen Kolleginnen vom Tierzentrum Lüneburger Heide, dem Sanitätshaus für Tiere und mir sehr am Herzen liegt:

Ein Tierleben im Rolli – Quälerei oder Lebensqualität?

Sehr oft kommen Patientenbesitzer zu uns, die berichten, ihr Tier sei nun durch einen Unfall, oder durch einen Bandscheibenvorfall o.ä. gelähmt. Sie seien bei verschiedenen Tierärzten gewesen, die alle nur eine Lösung vorgeschlagen hätten, nämlich das Tier einzuschläfern.

Die Menschen sind verzweifelt, weil sie nicht glauben wollen, dass es keine Alternativen gibt.

Ich höre auch sehr oft: „Ein Hund/eine Katze muss laufen können. Wenn das Tier das nicht mehr kann, leidet es und muss eingeschläfert werden.“

Ist das wirklich so? Muss man zwingend ein Tier, das gelähmt ist, einschläfern? Ist es Tierquälerei, so ein Tier am Leben zu lassen?

Wie immer bei solchen Dingen kann man keine allgemein gültige Antwort geben. Es gibt Tiere, die kommen einfach mit einem Leben als behindertes Tier nicht zurecht. Wenn man also tatsächlich ein solches Tier hat, muss man wohl drüber nachdenken, es einschläfern zu lassen. Es gibt auch Krankheitsbilder, bei denen das Tier einfach zu starke, dauerhafte Schmerzen hat, so dass man auch bei einem solchen Tier möglicherweise nur die eine Option hat.

Es gibt jedoch viele Tiere, die keine Schmerzen haben und sich mit einem solchen Leben prima arrangieren.

Schauen wir uns einmal einige Fotos an und fragen uns: Welches dieser Tiere ist gelähmt, welches kann laufen?








Bild Nr. 1 zeigt Malika. Sie ist im Rolli unterwegs

Bild Nr. 2  zeigt meinen Edi. Er kann laufen.

Bild Nr. 3 zeigt Happy von Monika und Bea Kielmann. Er ist im Rolli unterwegs.

Na, wer von Euch hätte anhand dieser Bilder erkannt, dass zwei der drei Hunde gelähmt sind? Zeigen sie nicht einfach drei fröhliche Hunde?

Man sieht also an den Bildern schon deutlich: Keinem der Tiere sieht man an, das es nicht laufen kann, wenn man nicht sieht, dass es im Rolli unterwegs ist.

Natürlich muss man auch realistisch sein und den Problemen ins Auge sehen, die bei einem gelähmten Tier auftreten können:

  • Oft sind die Tiere infolge ihrer Erkrankung inkontinent. 
  • Durch die Inkontinenzproblematik treten bei manchen Tieren vermehrt Blasenentzündungen auf.
  • Wenn sie nicht im Rolli unterwegs sind, rutschen sie über den Boden.
  • Durch die Fortbewegung im Rolli kann es zu Fehlbelastungen kommen und es können andere orthopädische Probleme auftun, wie z.B. eine Durchtrittigkeit an den nicht gelähmten Gliedmaßen durch die vermehrte Belastung.

Dies sind nur einige der Probleme, die bei einem gelähmten Tier auftreten können.

Muss man es deshalb einschläfern?

Wir denken, dass dies keine Gründe sind, ein Tier einzuschläfern.

Wichtiger wäre nach unserer Ansicht, die Menschen darüber aufzuklären, welche Hilfsmittel es gibt, die den Alltag mit dem behinderten Tier erleichtern.

Es gibt z.B.
  • auf Maß gefertigte Rollwagen
  • Bandagen für die mehr belasteten nicht gelähmten Gliedmaßen
  • Laufhilfen
  • Orthesen
  • Prothesen
  • waschbare Inkontinenzunterlagen
  • waschbare Windeln
  • Rutschsäcke
und vieles mehr. Viele Produkte findet ihr unter http://sanitaetshaus-fuer-tiere.de/ . Monika Kielmann und Bea Müller-Kielmann beraten Euch da gerne.

Die Tierphysiotherapie als wichtige Unterstützung hilft den gelähmten Tieren entweder dabei, irgendwann wieder auf die 4 Pfoten zu kommen. Wenn das nicht möglich ist, kann man in jedem Fall dafür sorgen, dass die Gefahr von Sekundärschäden in anderen Körperbereichen so gering wie möglich gehalten wird. Monika Kielmann vom Tierzentrum Lüneburger Heide (http://tierzentrum-lueneburger-heide.de/) und ich (http://tierzentrumchiemsee.de/) helfen Euch gerne weiter, wenn ihr Fragen habt.

Wir würden uns wünschen, dass bereits die Tierärzte umfassender auch über die Alternativen zur Einschläferung und die inzwischen erhältlichen Hilfsmittel für gelähmte Tiere aufklären.

So hätte jeder Patientenbesitzer die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob er diese alternativen Möglichkeiten nutzen möchte.

Leider fehlt es nach unserer Meinung immer noch oft an dieser Aufklärung.

Die Patientenbesitzer sind im Zweifel darauf angewiesen, selbst zu recherchieren. Und nicht jeder Patientenbesitzer hat die Möglichkeit oder kommt auf diese Idee. Und so werden immer noch viele Tiere eingeschläfert, die nach unserem Empfinden noch ein schönes Leben haben könnten, wenn man die Tierhalter umfassend aufgeklärt hätte.

Ein schönes Wochenende wünsche ich Euch!
Angelika