Freitag, 6. Oktober 2017

Ein Tierleben im Rolli - Tierquälerei oder Lebensqualität?

Heute möchte ich über eine Frage berichten, das meinen Kolleginnen vom Tierzentrum Lüneburger Heide, dem Sanitätshaus für Tiere und mir sehr am Herzen liegt:

Ein Tierleben im Rolli – Quälerei oder Lebensqualität?

Sehr oft kommen Patientenbesitzer zu uns, die berichten, ihr Tier sei nun durch einen Unfall, oder durch einen Bandscheibenvorfall o.ä. gelähmt. Sie seien bei verschiedenen Tierärzten gewesen, die alle nur eine Lösung vorgeschlagen hätten, nämlich das Tier einzuschläfern.

Die Menschen sind verzweifelt, weil sie nicht glauben wollen, dass es keine Alternativen gibt.

Ich höre auch sehr oft: „Ein Hund/eine Katze muss laufen können. Wenn das Tier das nicht mehr kann, leidet es und muss eingeschläfert werden.“

Ist das wirklich so? Muss man zwingend ein Tier, das gelähmt ist, einschläfern? Ist es Tierquälerei, so ein Tier am Leben zu lassen?

Wie immer bei solchen Dingen kann man keine allgemein gültige Antwort geben. Es gibt Tiere, die kommen einfach mit einem Leben als behindertes Tier nicht zurecht. Wenn man also tatsächlich ein solches Tier hat, muss man wohl drüber nachdenken, es einschläfern zu lassen. Es gibt auch Krankheitsbilder, bei denen das Tier einfach zu starke, dauerhafte Schmerzen hat, so dass man auch bei einem solchen Tier möglicherweise nur die eine Option hat.

Es gibt jedoch viele Tiere, die keine Schmerzen haben und sich mit einem solchen Leben prima arrangieren.

Schauen wir uns einmal einige Fotos an und fragen uns: Welches dieser Tiere ist gelähmt, welches kann laufen?








Bild Nr. 1 zeigt Malika. Sie ist im Rolli unterwegs

Bild Nr. 2  zeigt meinen Edi. Er kann laufen.

Bild Nr. 3 zeigt Happy von Monika und Bea Kielmann. Er ist im Rolli unterwegs.

Na, wer von Euch hätte anhand dieser Bilder erkannt, dass zwei der drei Hunde gelähmt sind? Zeigen sie nicht einfach drei fröhliche Hunde?

Man sieht also an den Bildern schon deutlich: Keinem der Tiere sieht man an, das es nicht laufen kann, wenn man nicht sieht, dass es im Rolli unterwegs ist.

Natürlich muss man auch realistisch sein und den Problemen ins Auge sehen, die bei einem gelähmten Tier auftreten können:

  • Oft sind die Tiere infolge ihrer Erkrankung inkontinent. 
  • Durch die Inkontinenzproblematik treten bei manchen Tieren vermehrt Blasenentzündungen auf.
  • Wenn sie nicht im Rolli unterwegs sind, rutschen sie über den Boden.
  • Durch die Fortbewegung im Rolli kann es zu Fehlbelastungen kommen und es können andere orthopädische Probleme auftun, wie z.B. eine Durchtrittigkeit an den nicht gelähmten Gliedmaßen durch die vermehrte Belastung.

Dies sind nur einige der Probleme, die bei einem gelähmten Tier auftreten können.

Muss man es deshalb einschläfern?

Wir denken, dass dies keine Gründe sind, ein Tier einzuschläfern.

Wichtiger wäre nach unserer Ansicht, die Menschen darüber aufzuklären, welche Hilfsmittel es gibt, die den Alltag mit dem behinderten Tier erleichtern.

Es gibt z.B.
  • auf Maß gefertigte Rollwagen
  • Bandagen für die mehr belasteten nicht gelähmten Gliedmaßen
  • Laufhilfen
  • Orthesen
  • Prothesen
  • waschbare Inkontinenzunterlagen
  • waschbare Windeln
  • Rutschsäcke
und vieles mehr. Viele Produkte findet ihr unter http://sanitaetshaus-fuer-tiere.de/ . Monika Kielmann und Bea Müller-Kielmann beraten Euch da gerne.

Die Tierphysiotherapie als wichtige Unterstützung hilft den gelähmten Tieren entweder dabei, irgendwann wieder auf die 4 Pfoten zu kommen. Wenn das nicht möglich ist, kann man in jedem Fall dafür sorgen, dass die Gefahr von Sekundärschäden in anderen Körperbereichen so gering wie möglich gehalten wird. Monika Kielmann vom Tierzentrum Lüneburger Heide (http://tierzentrum-lueneburger-heide.de/) und ich (http://tierzentrumchiemsee.de/) helfen Euch gerne weiter, wenn ihr Fragen habt.

Wir würden uns wünschen, dass bereits die Tierärzte umfassender auch über die Alternativen zur Einschläferung und die inzwischen erhältlichen Hilfsmittel für gelähmte Tiere aufklären.

So hätte jeder Patientenbesitzer die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob er diese alternativen Möglichkeiten nutzen möchte.

Leider fehlt es nach unserer Meinung immer noch oft an dieser Aufklärung.

Die Patientenbesitzer sind im Zweifel darauf angewiesen, selbst zu recherchieren. Und nicht jeder Patientenbesitzer hat die Möglichkeit oder kommt auf diese Idee. Und so werden immer noch viele Tiere eingeschläfert, die nach unserem Empfinden noch ein schönes Leben haben könnten, wenn man die Tierhalter umfassend aufgeklärt hätte.

Ein schönes Wochenende wünsche ich Euch!
Angelika

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